Interview mit Rüdiger Nüchtern

(04.03.2013- München,Haidhausen)

http://www.ruediger-nuechtern.de

http://www.schluchtenflitzer-derfilm.de

Bayerische Kultserien: Wie sind Sie Drehbuchautor und Regisseur geworden?

Rüdiger Nüchtern: Schon in der Schule hatte ich früh den Druck mich visuell zu äußern und Geschichten und Texte zu fabulieren. In meiner eigenen Dunkelkammer habe ich Collagen und Fotos gemacht, außerdem habe ich Gedichte und stories geschrieben und unsere Abi-Zeitung quasi alleine herausgebracht. Erst wollte ich  wie mein Cousin Architekt werden, aber irgendwie fehlte es mir da an Inhalten. Ich wollte einfach was visuell machen und auch mich sprachlich ausdrücken. Da dachte ich "Eigentlich könnte das Film sein", obwohl ich damals noch keinerlei Kontakte zu der Branche hatte. Ich hab mich dann an der Filmhochschule beworben und tatsächlich die Aufnahmeprüfung geschafft.

B K: Musik spielte in Ihren ersten Filmen eigentlich auch immer eine große Rolle...

R N: Zu der Zeit war Musik dann auch zuerst einfach wichtiger für mich. Als ich damals in London war, habe ich den Lightshow-Mann von Jefferson Airplane kennen gelernt, der als achter Mann fester Bestandteil der Band war. Der hatte 35 Projektoren, die jeweils mit einem Lichtkarussell ausgestattet waren. Diese waren mit dem Keyboard verbunden und so hat er quasi die einzelnen Lichtbilder zu den Songs "spielen" können. Ich fand das so verrückt, dass mich das irgendwie angespornt hat auch in dieser Richtung etwas zu machen. Danach habe ich dann einige Musikfilme mit der Gruppe "Amon Düül" gemacht.

B K: Spielen Sie selber auch ein Instrument?

R N: Nein, aber ich habe mich immer schon für Musik interessiert und viele Musiker in meinem Bekanntenkreis gehabt. Der Michael Hofmann de Boer von der Band "Sahara" ist z.B. auch durch mich zur Filmhochschule gekommen. Klavier hab ich zwar gespielt, aber für mehr hat es nicht gereicht. (lacht)

B K: Schauspieler wollten Sie auch nie werden?

R N: Nein, da bin ich total unbegabt. Ich bin zwar mal eingesprungen, wenn jemand ausgefallen ist und hab einen Polizisten oder so gespielt, aber meistens hab ich mich dann auch rausgeschnitten, weil ich mich selber unmöglich fand. (lacht)

B K: Jugendliche mit ihren sozialen Hintergründen und Problemen waren oft Bestandteil Ihrer Filme. Warum?

R N: (überlegt) Naja, die ersten Sachen, die ich gemacht hab, waren ja eigentlich auch Kinderfilme. Da waren auch Filme für „Die Rappelkiste“ dabei. Mitarbeiter bei dem Jugendmagazin „Szene“ vom Bayerischen Rundfunk war ich ja auch. Damals wurden immer Beiträge aus Dokumentationen, Filmchen und Musikbeiträge zusammen auf 45 Minuten zu diversen Themen zusammengeschnitten, was immer ein ziemliches Chaos ergeben hat, da niemand wusste wie lang die Filme des anderen waren und keiner seine Beiträge kürzen lassen wollte. Irgendwann war das dem Verantwortlichen zu dumm und es wurde entschieden, dass aus jedem Bereich, also Film, Musik und Doku, genau 15 Minuten angefertigt werden sollten, damit man das nachher einfach nur zusammenhängen musste. Ich habe mir dann überlegt aus diesen 15-Minuten Beiträgen aus dem Bereich Film eine Serie zu machen, einer Liebesgeschichte zwischen einer Gymnasiastin und einem Lehrling. Als ich es geschrieben habe, hatte ich es natürlich schon so geplant, dass man die 8x15 Minuten aneinanderhängen konnte und so hatte ich am Ende einen 2-Stunden-Film. Dieser lief dann mit dem Titel „Anschi und Michael“ nur zufällig auf einem Festival, weil ein anderer Film ausgefallen ist. Ein Journalist hat am Tag darauf in seiner Zeitung geschrieben, dass „ausgerechnet der Beitrag, der nicht im offiziellen Programm ausgeführt war, der erfolgreichste war!“. (grinst) Darauf meldete sich ein Verleih und wollte den Film haben. Ich hab ihm damals dem BR symbolisch für eine Mark die Rechte abgekauft und so kam er ins Kino.

B K: Das hört sich so an, als wäre auch der BR damals etwas offener gewesen, was die Realisierung solcher Projekte angeht…

R N: Eigentlich schon, ja. Da war einfach ein gewisses Vertrauen vorhanden. Mittlerweile wird man dermaßen kontrolliert und es wollen so viele mitreden, dass auch Entscheidungen hinter deinem Rücken getroffen werden, bei denen du nicht informiert wirst, obwohl du eigentlich die künstlerische Verantwortung haben solltest. Die ist heutzutage einfach nicht mehr gegeben. Leider haben alle neuen Filmhochschüler das ganze schon verinnerlicht und trauen sich gar nicht mehr eine eigene Meinung zu haben. Da hatten wir früher goldene Zeiten.

Rüdiger Nüchtern (mitte) mit "Anschi und Michael" (Gabi Rubner und Michael Bentele)

B K: Haben Sie von Ihren Geschichten bzw. Drehbüchern auch manches selbst erlebt?

R N: (überlegt) Eher weniger. Es fließt zwar immer ein bisschen was mit ein, aber ich habe ja keine Geschichten über mich gemacht, sondern immer viel recherchiert und mich mit Leuten getroffen, die so waren, wie ich mir das in meiner Geschichte vorgestellt habe. Ich kann mich so eigentlich immer ganz gut reinarbeiten und besser reinversetzen. Das geht sogar so weit, dass ich eine Sprache bestimmter Leute annehmen kann. Es war mir immer ein Anliegen etwas über andere zu machen und nicht über mich.

B K: Leider sind ja viele Filme von Ihnen nicht auf DVD erhältlich…

R N: Ja, das stimmt. „Nacht der Wölfe“ z.B. gab es mal auf VHS, wurde aber nie als DVD herausgebracht. Da müsste ich mich mal darum kümmern. Bei „Die Schluchtenflitzer“ war es ja so, dass der BR an mich herangetreten ist und mir mitgeteilt hat, dass es da eine große Nachfrage gibt. Seit ein paar Jahren habe ich den jetzt auf DVD herausgebracht und der läuft sehr gut. Den vertreibe ich selber. (siehe Homepage weiter oben!)

B K: „Schluchtenflitzer“ hat ja wirklich sehr viele Fans. Warum glauben Sie ist der immer noch so beliebt?

R N: Als ich den Film damals gemacht habe, war mir das nicht so klar, aber im Nachhinein habe ich viel Kontakt mit Leuten, die „Schluchtenflitzer“-Partys und Treffen veranstalten. Es war einfach so, dass die Zeit zwischen 16 und 18 Jahren, wo man noch keinen Autoführerschein hatte und nur Moped fahren durfte, für die Landjugend eine prägende Zeit war. Die lebten etwas isoliert auf irgendwelchen Höfen und Dörfern und mit dem Mofa kam bei denen eine Art Freiheit auf und wurden selbstständiger. Jeder Jugendliche, der auf dem Land gelebt hat, kennt diese Zeit. Man musste nicht mehr von den Eltern gefahren werden und konnte sich die ersten Freundinnen suchen. Wenn man sich den Film ansieht, dann ist das eine Erinnerung daran. Das war bevor die Führerscheinklassen geändert wurden und das Internet Einzug bei den Jugendlichen gehalten hat. Für viele eben die schönste Zeit in ihrem Leben.

B K: Die Firma KREIDLER hat durch den Film ja auch gute Werbung bekommen…

R N: (lacht) Ja, aber das war Zufall. Das Moped gehörte dem Hauptdarsteller ja selber. Genauso wie der Hof und der Hund. Das war ja sehr authentisch in dem Film. Ich habe eigentlich gar nicht gewusst was KREIDLER ist. (grinst) Ich weiß gar nicht ob es die zu dieser Zeit noch als Hersteller gegeben hat. Die Idee mit dem Gas- bzw. Kupplungsseil kam aber von mir.

B K: Vom Hauptdarsteller Hans Kollmansberger hat man danach eigentlich nichts mehr gehört. Haben Sie zu ihm noch Kontakt?

R N: Doch, ein paar Sachen hat er schon noch gemacht und ich hab auch noch Kontakt zu ihm. Ich habe mit dem Hans dann auch noch einen Kinderfilm gemacht, aber an so einer Karriere hatte er auch gar kein Interesse. Er ist später nach Australien gegangen und hat einen großen Autoersatzteile-Handel aufgezogen. Er kam aber wieder zurück und ist jetzt einer der größten Solarhersteller in Europa. Wir haben mal in dem Ort, wo wir gedreht hatten, eine „Schluchtenflitzer“-Veranstaltung gemacht. Ich hatte mich dann bei ihm angemeldet, dass wir auch zu seinem Hof kommen, weil die Fans ja ganz wild drauf waren ihn zu sehen, aber das ganze hat ihn eigentlich ziemlich gelangweilt.

B K: Mit Ruth Drexel, Hans Brenner und Eva Matthes haben da ja auch professionelle Schauspieler mitgewirkt. Wie hat das zusammen mit den Laiendarstellern geklappt?

R N: Ich dachte mir eigentlich, dass das eine ganz gute Mischung wäre. Sie hatten zusammen ja auch wahnsinnigen Spaß und waren sehr unkompliziert. Zu Beginn, gab es ja z.B. die Kleidung der Kostümabteilung vom BR, die alle frisch gebügelt und sauber war. Wie bei anderen Schauspielern auch, waren Kostüme für Ruth Drexel und Hans Brenner wichtig, um gut in die jeweilige Rolle schlüpfen zu können. Die beiden konnten also mit diesen Klamotten überhaupt nichts anfangen und sind zu den Nachbarn, um zu fragen ober dieser ihnen abgetragene Kleidung aus dem Schrank gibt. (lacht) Diese haben sie dann für ihre Rollen genommen und ihm die Kleidung des BR dafür gegeben. Auch beim Mittagessen in der Wirtschaft des Dorfes sind die beiden eigentlich gar nicht aufgefallen, weil sie sich sehr gut als Bauernpaar einfügten. Die beiden waren ja auch im richtigen Leben ein Paar. Auf der einen Seite also die erfahrenen Schauspielprofis, die das Natürliche gesucht haben und auf der anderen Seite  junge Laiendarsteller, bei denen ich es so geschafft habe, dass sie sich öffnen konnten und lockerer wurden. Das hat gut gepasst.

B K: Auch der Film „Nacht der Wölfe“ kam sehr gut an. Hätten Sie gedacht, dass die Thematik heut immer noch so aktuell sein würde?

R N: Damals hat mir ja keiner geglaubt, dass es dieses Thema überhaupt gibt. Ich hab damals schon in Haidhausen gewohnt und war ein bisschen vertraut mit der Szene. Da hab ich schon gemerkt, dass es bestimmte Cliquen gibt, die Ausländer hassen und dass da Spannungen existieren. Genauso wie sich früher auch schon ausländische Jugendliche zusammengetan haben um sich zu schützen. Das war der Ausgangspunkt für diesen Film. Ich hab mich dann immer wieder mit Leuten aus diesen „Gangs“ im Hasenbergl und Neuperlach getroffen und viele Geschichten erzählt bekommen. Schließlich hab ich dann zusammen mit meinem Co-Autor die Idee zu einer Art Romeo & Julia- bzw. West Side Story gehabt.

B K: In Ihrem Film „Bolero“ hat ja auch Thomas Gottschalk mitgespielt, damals noch nicht ganz so bekannt wie heute. Wie war die Arbeit mit ihm?

R N: Ach, der war ganz normal.

B K: Hätten Sie ihm eine große Schauspielkarriere zugetraut?

R N: Er war halt ein bestimmter Typ. Genauso wie der Wolfgang Fierek, der eigentlich kein richtiger Schauspieler war, sondern immer Rollen gespielt hat, die seiner Art entsprachen. Aber insgesamt war das auch nicht die Richtung, in die der Thomas Gottschalk gehen wollte. Der wollte was anderes machen und hat sich das damit sicherlich auch verdient. (lacht)

B K: Wenn wir schon bei Wolfgang Fierek sind…Ihre Serie „Der Schwammerlkönig“ hatte ja auch bombastische Einschaltquoten…

R N: Ich glaube das waren sogar die höchsten Quoten, die sie bis dahin jemals gehabt haben. Eine Folge lag mal bei 41,3%. (Zeigt ein altes Foto von den Dreharbeiten) Für die Rolle hab ich dem Otti ja einen Bäckersanzug maßschneidern lassen. Von der sechsteiligen Serie hatte ich aber erst vier Folgen geschrieben, so dass wir ein halbes Jahr Pause hatten, bevor wir die anderen beiden Teile gedreht haben. Der Overall hat ihm danach natürlich nicht mehr gepasst. (lacht) Ein neuer Anzug kam für mich nicht in Frage und ich hab ihn drei Wochen vor Drehbeginn eine Diät verordnet, mit der Begründung „wir haben kein Geld für einen neuen Overall!“. (lacht)

Bayerische Starbesetzung beim "Schwammerlkönig": von oben links: Ottfried Fischer, Saskia Vester, Regisseur Rüdiger Nüchtern, Wolfgang Fierek, Walter Sedlmayr; unten links: Michael Fitz, Catharina Raacke, Enzi Fuchs

B K: Welche Erfahrungen hatten Sie denn mit Walter Sedlmayr bei den Dreharbeiten zu dieser Serie?

R N: Ich bin gut mit ihm ausgekommen. Er hatte zwar schon mal Phasen, bei dem er seinen Frust raus lassen musste. Aber das war nur manchmal so. Uns bzw. mir gegenüber hat er sich immer gut verhalten und auch gute Ideen eingebracht. Er war halt wahnsinnig professionell und hatte eine ausgesprochene Präzision. Der wusste genau wann er in einer Einstellung zu sehen war und sich bewegen musste. Wenn wir einen Dialog öfter wiederholen mussten, dann konnte er immer wieder an der gleichen Stelle dasselbe machen. Das können heute auch nicht mehr alle.

B K: „Der Schwammerlkönig“ war eigentlich auch der Durchbruch für Wolfgang Fierek was das Fernsehen angeht, oder?

R N: Er hat ja vorher schon Erfolg mit den Filmen von Klaus Lemke (u.a. „Arabische Nächte“), aber ich wollte ihn ein bisschen anders darstellen, weil er mir da ein wenig zu tollpatschig rüberkam. Bei mir sollte er einen pfiffiges Schlitzohr darstellen. Er hat ja auch einen ganz eigenen Sprachgestus, für den ich dann versucht habe spezielle Dialoge zu schreiben. Da sind auch tolle Sprüche entstanden. Meiner Meinung nach, hätte er so was in der Art danach öfter spielen sollen. Auch bei der Musik, die er noch gemacht hat, hätte ich mir ein bisschen mehr Ironie und Raffinesse  gewünscht, anstatt typischer Schlagertexte. Für den Titelsong der Serie „Mit Frauen hab ich immer Probleme“ habe ja auch ich den Text geschrieben.

B K: Wie hatten Sie die Idee zu der Serie?

R N: Das lief eigentlich anders. Nach meinen Filmen „Die Schluchtenflitzer“ und „Nacht der Wölfe“ bin ich zu einem zuständigen Redakteur beim BR gegangen und habe einfach gefragt ob wir nicht irgendwas zusammen machen könnten. Der hat mich dann gefragt „Fällt Ihnen zum Wolfgang Fierek etwas ein?“. Zufälligerweise hatte ein Freund von mir damals den Champignon-Betrieb von seinem Vater übernehmen müssen, weil dieser gestorben ist. Das faszinierende daran war, dass die Zucht unter dem damaligen Flughafen Riem in den alten Katakomben angelegt war. Irgendwie hat mir diese Idee gefallen. Als Figur wollte ich dabei nicht nur einen sympathischen Verlierer erschaffen, der nichts auf die Reihe kriegt, sondern jemand, der Glück hat und dem unverschuldet einfach alles zufällt. Übrigens die Champignons meines Freundes gibt es übrigens immer noch und tatsächlich stammt die Geschichte, also die Idee nicht nur Schwammerl nach Italien zu fahren, sondern auch Delikatessen von dort zu vertreiben, auch von ihm.

B K: Das war also dann der „wahre“ Schwammerlkönig. Ein Karrieresprung war die Serie aber auch für Michael Fitz…

R N: …dem ich vorher die Haare blondiert hab. (grinst) Er war halt neben dem Wolfgang Fierek eine Figur die immer gut drauf ist, seinem Freund dauern helfen muss und auf dessen Kosten der Hauptdarsteller gut leben konnte. Wie man auf dem Foto sieht (hält ein weiteres Gruppenfoto von den Dreharbeiten hoch), haben sich die Darsteller auch untereinander sehr gut verstanden. Wir haben da auch manchmal richtig rumgeblödelt.

B K: Ebenfalls von Ihnen war die 13-teilige Fernsehreihe „Joseph Filser - Bilder aus dem Leben eines Bayerischen Abgeordneten“. Aber leider wird auch diese Serie kaum oder gar nicht wiederholt…

R N: Wirklich? Also die Rechte liegen natürlich beim BR, aber zusammen mit dem Kino IM EINSTEIN sollte im Oktober mal so eine Art „Film-Nacht“ veranstaltet werden, wo alle 13 Folgen gespielt werden sollen. Da habe ich schon zwei Mal eine Anfrage gestellt, aber leider noch keine Antwort bekommen.

B K: Von der Serie „Wildbach“ stammen die ersten 13 Folgen auch von Ihnen. Stimmt es, dass Sie sich auch den Titel ausgedacht haben?

R N: Ja, das stimmt. Wir haben damals über viele mögliche Titel diskutiert, aber ich wollte nicht, dass sie einen Namen wie „Bergrettung“ oder ähnliches bekommt. Auf jeden Fall sollte der Ortsname so lauten und mit „Wildbach“ wollte ich eine Art Markennamen erschaffen.

B K: Wieso haben Sie nicht noch mehr Folgen gemacht? Die Serie ging ja danach noch weiter.

R N: (grübelt ein wenig) Naja…also… irgendwie hatte ich da kein ganz so gutes Verhältnis mit dem Produzenten. (lacht) Ich glaube ich war denen auch zu schwierig, weil ich mich da wie wahnsinnig für eine hohe Qualität eingesetzt habe, die Produktion aber eben auch Geld sparen wollte. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich sehr dafür gekämpft habe, dass die Serie eine Verlängerung, sprich eine zweite Staffel kriegt. Auch wenn ich die dann nicht mehr gedreht hab. Das war bei der Serie „Gegen den Wind“, bei der ich auch den Piloten gedreht habe, genauso. Ohne mich wäre da nicht weitergemacht worden. Das waren beides Serien mit einer hohen Qualität…zumindest am Anfang. (grinst)

B K: „Der Schwammerlkönig“ wird dieses Jahr 25 Jahre alt und „Wildbach“ wurde vor 20 Jahren das erste Mal ausgestrahlt. Gibt es eine bayerische Serie von heute, die Ihnen persönlich auch gut gefällt?

R N: (überlegt) Ich muss gestehen, dass ich nicht alles schaue und auch der Humor der Serien von Franz X. Bogner nicht so der meine ist. Richtig lustig finde ich aber „Hubert & Staller“.

B K: Würden Sie selber nicht gern mal wieder eine bayerische Serie machen?

R N: Ach nein, das sollen jetzt Jüngere machen. Inzwischen sind die Bedingungen auch ganz anders geworden. Ich habe ja auch sehr viele Krimiserien gemacht und beim „Fahnder“ z.B. hatten wir zu Beginn  12 und später nur  noch neun Tage Zeit. Die Qualität sollte aber immer gleich sein. So ist das immer mehr zum Kampf gegen die Logistik geworden und die Kreativität blieb auf der Strecke. Das lockere Arbeiten von früher ist gar nicht mehr möglich. Da bin ich zu versessen auf Qualität und das macht mir so keinen Spaß mehr. Man braucht Luft für Ideen und kann nicht nur auf die Uhr schauen beim Drehen.

B K: Also gibt es keine neuen Projekte von Ihnen?

R N: Doch, ich mache einige andere Dinge. Für eine Münchner Hauptschule, die einen sehr starken Migrationshintergrund hat,  habe ich mal ehrenamtlich ein Filmprojekt gemacht. Da wurde eine Filmklasse gegründet, wo wir dann gemeinsam ein dreiviertel Jahr lang gedreht haben. Für dieses Projekt habe ich auch eine junge Türkin mit hinzugezogen, die ich schon aus diversen Schauspielkursen kannte. Als ich ihre Geschichte Erfahren habe, nämlich dass sie Anfang der 80er Jahre von Zuhause abgehauen war und einige Jahre auf der Straße gelebt hat, habe ich die Idee zu einem Film gehabt, der eine Mischung aus Fiktion und Geschichte ist. Im Moment ist das noch ein Roman, bei dem wir gerade 150 Seiten geschrieben haben. Das ist eigentlich mein nächstes Projekt.

B K: Das Thema „Migration“ liegt Ihnen schon sehr am Herzen oder?

R N: Ja schon. Ich habe dazu auch schon einige Drehbücher geschrieben, die aber leider nicht verwirklicht werden konnten. Ich bin auch noch mit dem „Ali“ aus dem Film „Nacht der Wölfe“ gut befreundet und habe auch in meinem Bekanntenkreis viele Türken. Ich mag diese Leute sehr gern.

Aber ich engagiere mich auch für andere Dinge, z.B. bin ich auch Vorsitzender bei Junior Slow von Slow Food München (http://slowfood-muenchen.de), die sich für Qualitätsessen und gute Nahrungsmittel einsetzen.

B K: Gibt es neben „Hubert &Staller“ noch eine andere bayerische Lieblingsserie von Ihnen?

R N: Wie gesagt, schaue ich eigentlich nicht mehr so viel. „Kir Royal“ ist super und eigentlich alle früheren Sachen vom Dietl. Ich steh halt mehr auf die schrägen Geschichten. (lacht) Ich hatte auch mal eine Geschichte für den „Bullen von Tölz“ geschrieben, die sie aber nicht genommen haben. Die war denen auch zu schräg. (grinst)

B K: Herr Nüchtern ich bedanke mich für das Gespräch und vielleicht gibt es ja doch die ein oder andere lustige Geschichte von Ihnen als Serie.

R N: Ich danke auch.

 
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